Der Wettergott meint es nicht gut mit uns. Es regnet. Die Wolken hängen tief über den Bergen und verhüllen alles. Wir frühstücken im schönen Aufenthaltsraum.
Es ist sehr interessant, die Gewohnheiten anderer Menschen zu studieren. Da sitzen Japaner und essen Gemüse, Asiaten mit Nudelsuppe, Amerikaner mit großer Portion Egg and bacon, Australier mit Unmengen von gerösteten Pappbrot und Schinken, Deutsche mit Ei, Brot und Wurst, die Franzosen mit Kaffee und Marmeladenbrot, Vegetarier mit Avocadoaufstrich und Banane und wieder andere mit leckersten Powermüsli. Welch eine Vielfalt, welch ein großartiger Morgen trotz Regen.
Die heutige Strecke ist weit. Unsere Reise führt nach Wanaka, zuerst durch Regenwald, der seinem Namen alle Ehre macht. Nach dem Haastpass ändert sich die Landschaft. Vorbei ist das Grün. Nun wird es wieder steppenartig und erinnert an eine Heidelandschaft mit kurzgewachsenen Nadelbäumen. Dazwischen liegen Weiden, bevölkert von vielen Kühen. Davon gibt es auf Neuseeland inzwischen mehr als Schafe. Um 16.00 Uhr erreichen wir Wanaka und schlafen wieder auf einem schönen Naturcampingplatz. Es regnet leider immer noch wie aus Eimern und so verbummeln wir den restlichen Tag im Wohnmobil.
Am nächsten Tag hat sich das Wetter gebessert. Stefan und Thomas gehen Fahrrad fahren am See und Fluss entlang. Meine Mutter, Sophia und ich vergnügen uns beim Mädelstag in der Puzzle World. Zuerst gehen wir in den Irrgarten und denken, dass wir den schnell durchlaufen. Falsch gedacht. Er ist eine echte Herausforderung, und wir benötigen 1 1/2 Stunden zur Bewältigung der „einfachen Aufgabe“: Suche den Weg zu den 4 verschiedenfarbigen Türmen, egal in welcher Reihenfolge. Am Ende haben wir alle keine große Lust mehr und sind froh, dass wir endlich am Ausgang angekommen sind.
Das Haus der Illusionen verlangt unseren gesamten Gleichgewichtssinn. Unsere Augen und das Gehirn sind völlig verwirrt und wir halten uns an den Handgriffen fest, um nicht hinzufallen. In einer Ausstellung sind die nächsten Sinnestäuschungen aufgebaut und dann gibt es zum Schluss kniffelige Spiele und Aufgaben, die logisches Denken erfordern. Genau das Richtige für mich. 😉
Jetzt müssen wir noch zurück zum Campingplatz laufen. Es sind ca. 4 km und der Weg zieht sich ewig am See dahin. Bei einem Zwischenhalt in der besten Gelateria der Stadt genehmigen wir uns einen Kaffee und für Sophia gibt es ein großes Eis. Abends bestaunen wir den grandiosen Sonnenuntergang. Er taucht die Berge in glühendes Orange, Rosa und Violett. Wahnsinn.
Am nächsten Tag fahren wir weiter in Richtung Queenstown. Unterwegs halten wir am berühmten BH-Zaun in Cardrona, der immer wieder für Ärger sorgt. Gedenkstätte ihrer an Brustkrebs verstorbenen Töchter, Mütter und Frauen sagen die Einen, öffentliches Verkehrshindernis durch anhaltende Touristen die anderen. Sehr viele Frauen haben ihre BHs an den Zaun gehangen, manchmal noch selbst, manchmal die Angehörigen, so wie es meine Freundin Jule in Erinnerung an ihre Mutter getan hat. Man kann dort auch eine Spende hinterlassen. Ich finde es eine tolle Sache und hoffe, dass der Zaun erhalten bleibt und nicht irgendwelchen Gesetzen zum Opfer fällt oder geplündert wird.
Der „Highway Crown Range“ eröffnet uns bei der Weiterfahrt wunderschöne Ausblicke in die Berge und tief hinunter in Tal. Schwindelerregend. Goldgelbes Tussockgras, so weit das Auge reicht, zaubert ein unwirkliches Bild. Lupinen in blau, rosa und gelb schmücken zahlreiche Bachläufe.
Wir halten in der ehemaligen Goldgräberstadt Arrowtown. Die Häuser an der Straße wurden restauriert, teilweise nachgebaut, damit man eine Vorstellung hat, wie der Ort früher aussah. Ein Stück abseits kann man sich die chinesische Siedlung anschauen, wo Menschen in unvorstellbar einfachen winzigen Stein- und Wellblechhütten lebten. Sophia ist unter die Goldwäscher gegangen. Mit viel Wasser werden die Flusskiesel aus dem Sieb geschwemmt und auf dem Boden bleiben die Goldpartikel zurück. Sie ist megastolz auf ihren goldenen Schatz, den sie in einer kleinen Flasche mit nach Hause nehmen darf. Für Kinder finde ich es eine schöne Erfahrung.
Wir bummeln durch die Hauptstraße. Stefan ist sehr beeindruckt von den vielen Oldtimern, die hier herumfahren. Er weiß kaum, wohin er zuerst blicken soll. Zum Schluss genießen wir in einem sehr hübschen Bauerngarten im alten Viertel die süßen Verführungen, genannt „Bunny Sticks“ und trinken dazu wieder diesen wunderbar starken Kaffee. Der ist hier in Neuseeland immer sehr sehr gut, selbst im kleinsten Kiosk oder Bistro. Die Kaffeezubereitungen sind 1 A.
Am späten Nachmittag kommen wir in Queenstown an. Besser wäre eine frühere Ankunft oder die Reservierung eines Stellplatzes gewesen. Doch wir haben Glück und ergattern den letzten Platz. Stefan bugsiert mit großem Können das Wohnmobil in die schmale Lücke. Einmal vor, einmal zurück, zack stehen wir eingequetscht zwischen den anderen Wagen.
Wir gehen in die Stadt und schauen, was es dort gibt. Der Ort selbst ist nicht sehr beeindruckend, finde ich, aber hierher fährt man ja, wegen der Extremsportarten. Queenstown ist die Adrenalinstadt pur. Alles kann man hier machen, was mit Nervenkitzel zu tun hat: Bungee Jumping von einer Brücke, Skydiving, Rafting, Canyooning, Speedboot fahren,……. Viele junge Leute bevölkern den Ort, suchen das Abenteuer und den Kick.
Wir schauen dem Treiben auf dem See zu. Sharks sind der neueste Schrei. Das sind pfeilschnelle geschlossene Boote mit denen über den See gerast wird. Zwischendurch tauchen sie ab und springen dann plötzlich aus dem Wasser hoch in die Luft. Das alte Dampfschiff zieht gemächlich seine Runden und über allen kreiseln Gleitschirm- und Drachenflieger, die tollkühn mit einem Saltoüberschlag ins Tal trudeln. Mir bleibt beim Anblick bereits das Herz stehen. Da wir jedoch nichts von alldem vor haben, bleiben wir nur eine Nacht, um die lange Strecke zu unterbrechen.
Später sitzen wir noch lange mit meiner Freundin Jule und ihrem Freund Daniel zusammen. Die beiden sind gerade für 3 Wochen auf Neuseelandreise. Ich finde es sehr schön, dass sich unsere Routen zufällig am gleichen Tag auf demselben Campingplatz treffen, und wir einen gemeinsamen Abend verbringen können. Es wird spät, denn es gibt viel zu erzählen.