Atemberaubende Wanderung auf dem Vulkan

Leichter Unmut macht sich breit, als ich verkünde, dass ich gern den Tongariro Alpine Crossing Track laufen möchte. Ich hatte darüber gestern Abend im Reiseführer gelesen. Die Freude darüber hält sich bei den Männern sehr in Grenzen, da ihnen die Planänderung für den heutigen Tag zu spontan ist. Ich gebe zu, dass ich gestern nur mit meiner Mutter darüber gesprochen hatte. Naja, jetzt ist es so. Stefan und ich werden also diese Route „gut vorbereitet“ in Angriff nehmen, während Thomas und meine Mutter auf Sophia aufpassen. Wir schmieren uns ein paar Brote als Wegzehrung und packen reichlich Wasser dazu. Es ist super tolles Wetter, die Sonne knallt vom Himmel, besser geht es gar nicht für diese Wanderung.

Strahlend blauer Himmel, gemächlich geht es aufwärts. Noch hält sich die Anstrengung in Grenzen.
Strahlend blauer Himmel, gemächlich geht es aufwärts. Noch hält sich die Anstrengung in Grenzen.

An der N 47 zweigt die kleine Mangatepopo Road ab, an deren Ende unser Startpunkt liegt. Falls man einen Parkplatz braucht, sollte man früh hier sein. Die Möglichkeiten sind sehr begrenzt. Hochmotiviert geht es los. Über Holzstege und durch alte Lavagesteinsbrocken- und Flüsse geht es stetig aufwärts zu den Soda Quellen. Bis hierher war es ein schöner Weg mit Ausblick auf verschiedene Vulkane.

Im "Schatten" des Mount Ngauruhoe
Im „Schatten“ des Mount Ngauruhoe

Es kommt jetzt nochmal eine Dixitoilette, bevor es weiter geht. Dann die erste Warnung. Auf einem Schild steht: Hast du eine gute Kondition? Bist du körperlich fit? Hast du ausreichend Flüssigkeit bei dir? Ansonsten endet der Weg für dich hier. Die hätten noch hinzufügen können, dass auf passendes Schuhwerk zu achten ist, denn die Lavabrocken sind manchmal scharfkantig.

Wir erreichen die Soda Springs
Wir erreichen die Soda Springs

Stefan und ich lachen darüber, denn kaum einer kümmert sich um den Hinweis, fast alle gehen weiter. Und das sind eine Menge Menschen, denn der Weg ist im Sommer extrem stark frequentiert. Uns bleibt sowieso nichts anderes übrig, da wir am Ende des Tracks am Ketetahi Parkplatz von meiner Mutter, Thomas und Sophia abgeholt werden. Nach kurzer Zeit merken wir, dass die Warnung berechtigt war. Es geht steil, sehr steil aufwärts. Die Bezeichnung „Das Treppenhaus des Teufels“ ist mehr als berechtigt. Hunderte von Stufen, jede unterschiedlich, geht es hoch. Wir sind nicht die Einzigen, die wie die Maikäfer pumpen, als wir den Sattel des Mount Ngauruhoe erreichen. Er ist der jüngste Vulkan des Tongariro Massivs.

Die Sonne knallt vom Himmel, nirgends ein Baum oder Schatten
Die Sonne knallt vom Himmel, nirgends ein Baum oder Schatten

Nach kurzer Verschnaufpause wandern wir ebenerdig weiter durch den Hauptkrater. Es sieht aus wie eine bizarre Mondlandschaft. Nun geht es wieder ein Stück hinauf. Ich freue mich und denke, dass wir endlich beim roten Krater angekommen sind, da dort so viele Leute stehen. Irrtum. Wir haben lediglich einen Punkt erreicht, wo wir eine fantastische Aussicht über die Landschaft haben. Man kann unendlich weit schauen. Über lockeres Geröll kraxeln wir weiter aufwärts. Mehrere Leute fallen hin, da man sehr schlechten Halt hat und ständig wegrutscht.

Wir sind am "Roten Krater" angekommen
Wir sind am „Roten Krater“ angekommen

3 Stunden und 720 Höhenmeter später stehen wir endlich am roten Krater, am höchsten Punkt der Wanderung. Wir sind tief beeindruckt. Überall riecht es nach Schwefel. Der Gestank begleitet uns eine Weile entlang des Kraterrandes bis die Strecke auf der anderen Seite abwärts führt. Normal runter laufen ist unmöglich, da der Weg nur aus Geröll und feinstem Staub besteht. Es wird eine Rutschpartie, doch wir meistern sie sehr gut.

Blick auf die Vulkane, vorne ein Krater, rechts der Weg ist der Abstieg vom roten Krater
Blick auf die Vulkane, vorne ein Krater, rechts der Weg ist der Abstieg vom roten Krater

Am Besten ist es, nun erstmal eine Pause einzulegen. Wir essen unsere Brote und haben einen tollen Ausblick auf die Bergwelt mit den drei Emerald Lakes. Sie sind sehr farbenfroh, schimmern smaragdgrün durch die darin enthaltenen Mineralien. Schwefeldampf aus dem Erdinneren steigt auf. Es ist unbeschreiblich. Auf dem Weg zum Blue Lake passieren wir einen weiteren Krater und einen Lavastrom. Hier kehren die meisten Leute um, wenn sie niemanden haben, der sie auf der anderen Seite des Tracks abholt. (Es gibt auch Shuttle-Services)

Tiefblau schimmert der große Kratersee
Tiefblau schimmert der große Kratersee

Für uns geht es weiter entlang bewachsener Felsen. Es ist nun schon Nachmittag. Wir sind inzwischen fast völlig allein unterwegs, genießen die Ruhe und die immer wieder grandiosen Aussichten. Bei einer alten kaputten Hütte, die für Vulkanmessungen genutzt wird, legen wir die nächste Pause ein. Erst hier gibt es wieder die Möglichkeit auf Toilette zu gehen.
Ringsherum dampft und qualmt es. Wir wollen noch einen Abzweig zu den Ketetahi Hot Springs nehmen. Leider ist der Weg gesperrt. Wir vermuten, weil die Erde dort zu sehr am Kochen ist. Schade.

Grandiose Ausblicke während des Abstiegs
Grandiose Ausblicke während des Abstiegs

Bald ist es geschafft, aber der letzte Abschnitt des Weges zieht sich sehr in die Länge. Wir laufen jetzt am Berg entlang. Hier ist alles wieder schön bewachsen mit Büschen und Blumen. Treppauf, treppab. Meine Füße und Beine schmerzen, und ich wünsche mir, dass der Rest nur noch ebene Strecke ist. Dann erscheint ein Warnschild: „Hohes Risiko. Du betrittst eine 700 m lange Lahar Gefährdungszone. Laufe schnell durch, ohne anzuhalten. Wenn du ein Geräusch oben vom Berg hörst, gehe nicht hinein.“ (Anmerkung: Lahar sind Lawinenabgänge von schneebedeckten Vulkanen, vermischt mit Gestein.)

Lahar-Gefahrenzone kurz vor dem Ende. Sieht idyllischer aus als es wirklich ist
Lahar-Gefahrenzone kurz vor dem Ende. Sieht idyllischer aus als es wirklich ist

Das ist ja sehr beruhigend. Da müssen wir jetzt durch. Nur Mut. Ein gespenstisches Bild zeigt sich unseren Augen. Überall liegen umgefallene Bäume. Es sieht aus, als hätte Jemand das Gebiet komplett umgegraben oder ein Riese gewütet. Ich möchte nicht wissen, was hier zeitweise los ist. Es ist ein komisches Gefühl, alle Sinne sind angespannt, doch wir kommen heil an.

Wir tauchen ein in den letzten zauberhaften Abschnitt, wo alles voller Moos ist und überall große Farne wachsen. Und noch einmal Treppen, Treppen ohne Ende. Mir tun die Beine so weh, dass ich nicht weiß, wie ich diese Stufen bewältigen soll. Lethargisch setze ich einen Fuß vor den anderen. Mit letzter Kraft kommen wir nach 6 1/2 Stunden Marsch am Ketetahi Parkplatz an, wo wir fröhlich von Sophia, meiner Mutter und Thomas erwartet werden. Wir sind insgesamt 21 km gelaufen.

Geschafft aber glücklich.
Geschafft aber glücklich.

Dieser Track ist unbeschreiblich schön. Noch niemals habe ich eine derartige Landschaft gesehen. Überwältigend, einmalig, abenteuerlich, gespenstisch. Kein Wunder, dass es eine der Kulissen im Film „Herr der Ringe“ war. Wir hatten auch super Glück mit dem Wetter.

Wenn du den Tongariro Alpine Crossing Track laufen willst, empfehle ich dir dringend, auf ausreichend Wasservorräte und Sonnenschutz zu achten, denn du befindest dich im Vulkangelände ohne schattenspendende Bäume. Und das Ganze ist eine Hochgebirgswanderung, also vergiss die Schlappen und ziehe ordentliche feste Schuhe an. Deine Knöchel und Füße danken es dir.

Und nun lauf los. Die Strecke ist von atemberaubender Schönheit. Sie bekommt von mir das Prädikat: Absolut empfehlenswert, ein Muss für Neuseeland-Urlauber.

Beim Forellen füttern will jede das beste Häppchen
Beim Forellen füttern will jede das beste Häppchen

Hier schreibt Elvira:
Sophia, Thomas und ich haben uns bei den Fischen vergnügt. Südlich von Turangi befindet sich das Tongariro National Trout Center, wo wir uns bei einem Spaziergang ausführlich über Forellen informiert haben. Sophia hatte viel Spaß beim Füttern, weil es immer ein wildes Gerangel gab. Die Gegend ist ein Paradies für Forellenangler sowohl in den umliegenden Seen als auch an der Mündung des Waitahanui River gibt es Unmengen davon.

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